Das GANZE Werk - Presseschau

Akademie der Künste Berlin, 17. September 2003

Kritik am geplanten Kulturradio des RBB

Was zerstört ist, bleibt zerstört

Pressemitteilung vor einer Podiumsdiskussion in der folgenden Woche

Die Akademie der Künste sieht im geplanten Programmschema des Kulturradios im RBB die Gefahr der Verflachung und Marginalisierung von Kultur im Hörfunk

„Warum verachten Sie den Hörer?“ fragte Ivan Nagel, Mitglied der Akademie der Künste, kürzlich die Leitung des Rundfunks Berlin-Brandenburg.

Mit dem Argument, die Zahl der Interessenten an einem intellektuell anspruchsvollen Kulturradio sei kaum messbar, versucht die Leitung des RBB, den Einwänden von Radiohörern, Redakteuren und freien Journalisten zu begegnen, die vor dem endgültigen Verschwinden eines ernstzunehmenden Kulturprogramms im öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Region warnen. Eine entscheidende Frage wird nicht gestellt: Gibt es einen berechtigten Anspruch jener Hörer, die das Radioprogramm als Kulturfaktor und intellektuelles Angebot ansehen, gegenüber der zweifellos größeren Gruppe der „Nebenbeihörer“, die mit dutzenden Programmen privater und öffentlich-rechtlicher Anbieter ausreichend versorgt werden?

Der RBB hat die Absicht, in seinem neuen Sendeschema ein „Tagesbegleitprogramm“ mit zeitlich minimierten und weit verstreuten Wortbeiträgen an die Stelle von Sendungen treten zu lassen, die sich bisher intensiv und anspruchsvoll mit Themen der Kunst und Kulturpolitik beschäftigt haben. Es wird suggeriert, Hörer bevorzugten zwischen 6 und 18 Uhr jegliche Musik, journalistische Information und Literatur in kürzestmöglichen Portionen.

Journalisten, die öffentlich auf diesen Abbau von Sendeplätzen und eine damit verbundene Einschränkung des Angebotes für jene Klientel der Radiohörer hinweisen, der das Medium Hörfunk bisher auch geistige Herausforderung war, wird eigennützige Lobbyarbeit unterstellt.

Traditionelle Sendungen wie „Galerie des Theaters“, „Musikmagazin“, „Noten zur Literatur“ sowie das tägliche „Journal“ werden ersatzlos gestrichen. Damit begibt sich das neue Kulturradio der Chance, mit seriösen Theater- und Musikkritiken, theaterpolitischer Analyse, sachkundigen Gesprächen mit Schriftstellern und konzentrierter Reflektion des Kulturgeschehens an festen, wiederauffindbaren Sendeplätzen genauer zu fragen und Hintergründe zu beleuchten.

Geplant ist ein Kulturradio, das „veränderten Hörgewohnheiten Rechnung trägt“. Zu fragen bleibt, ob mit einem ausschließlichen Blick auf die „Quote“ im öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Erwartungen einer dieses Medium aktiv nutzenden Hörerschaft soweit ignoriert werden, bis diese weder messbar noch überhaupt interessiert am Radiohören ist.

Die Erfahrung in der deutschen Rundfunklandschaft hat gezeigt: Traditionell gewachsene Programmstrukturen, die zu Gunsten eines „Formatradios“ einmal zerstört worden sind, bleiben zerstört.

Die Akademie der Künste fordert die Leitung des RBB und den Rundfunkrat auf, die Bedenken von Journalisten, die für ein anspruchsvolles Programm arbeiten wollen, wie von Hörern, die ein solches Kulturradio brauchen, ernst zu nehmen und die Bedürfnisse eines Publikums zu respektieren, das sich aktiv mit dem hauptstädtischen und brandenburgischen Kulturleben auseinandersetzt.

Der erste Widerstand gegen das geplante Kulturprogramm des RBB:
Verachten Sie den Hörer? - Der RBB baut sich ein neues Kulturradio
Prominente sagen dem Sender, was das Programm leisten muss
Der Tagesspiegel, 29. August 2003
Was zerstört ist, bleibt zerstört - Kritik am geplanten Kulturradio des RBB
Pressemitteilung vor einer Podiumsdiskussion in der folgenden Woche
Akademie der Künste Berlin, 17. September 2003

Klassik, nichts als Klassik!
Zum neuen Kulturradio des RBB und zu Programmänderungen bei SWR 2 - Kulturradio als „Begleitprogramm“ oder „Einschaltradio“? - Bericht von einer Podiumsdiskussion vor der Entscheidung des RBB-Programmausschusses
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22. September 2003
Der stille Begleiter - Die Kulturwellen im Radio wollen von der Buchmesse profitieren. Den meisten steht ein Umbau bevor - Geplantes Kulturradio des RBB: Eine Initiative freier Mitarbeiter fürchtet „Boulevardisierung“ und einige feste Redakteure melden Bedenken an - Berliner Zeitung, 7. Oktober 2003