Das GANZE Werk - Presseschau

Kritische Masse, 12. Oktober 2004

NDR Kultur – Der Sender, der sich nicht traut

... würde ich mich übrigens auch nicht, wenn ich so ein Programm zu vertreten hätte.

Von Huflaikhan (Martin Hufner, Regensburg)

Vor wem versteckt sich eigentlich der NDR. Vor sich selbst? Vor sich selbst. Seit Monaten geht nun das Gezeter um eine Auseinandersetzung über ihre sog. Kulturwelle: Zusagen, Umbelegungen, Vorwürfe etc. pp. Das ist alles sehr schön nachzulesen bei „Das GANZE Werk“.

Eigentlich ist das Sache ja hochpeinlich. Der große NDR hat Programmreformen durchgeführt, die er offenbar nicht vor seinen Gegnern, aber wahrscheinlich nicht einmal vor sich selbst verteidigen kann. Das werden mal lieber die neuesten Hochrechnungen mal so oder so gerechnet. Zahlen sind eben ein besseres Argument als eine Auseinandersetzung.

Vor allem vor einer LIVE-Diskussionsrunde geht dem NDR die Muffe sausen. Der NDR hat aber wohl vor allem nicht damit gerechnet, dass aus dem Kulturbereich mal eine Initiative Ernst macht und sich entwickelt und durchhält und weiter umfassendere Kreise zieht. Üblich ist sonst gewöhnlicherweise, dass anfangs das Geschrei groß ist, aber begrenzt auf die Kultur-Stammtische, und schließlich irgendein Verband eine Resolution verfasst, die so ausgeglichen und abwägend ist, dass die Sache tot ist.

Das GANZE Werk macht aber weiter. Gerne würde ich deren Vertretern und Freunden das Podium in einem anderen Sender vorschlagen, doch dann wäre man an sich aus dem Empfangsgebiet heraus. Wenn der NDR weiterhin sich so stur stellt, dann bleibt faktisch nur der Weg zu Deutschlandfunk oder Deutschlandradio.

NDR Kultur traut sich nicht, würde ich mich übrigens auch nicht, wenn ich so ein Programm zu vertreten hätte. Aber, lieber NDR, auch das gehört zur Aufgabe einer öffentlich-rechtlichen Anstalt, dass er sich der Öffentlichkeit stellt. Ich mag da nicht auf Brechts Radio-Theorie zurückgehen, aber analog zum Rundfunkstaatsauftrag. Als Beispiel sei hier nur eine Äußerung aus dem Jahr 1971 wiedergegeben. Der damalige Fernsehdirektor des Bayerischen Rundfunk, Dr. Oeller, sagte in einem Interview mit der Zeitschrift „kürbiskern“:

Kommunikation ist öffentlicher Dienst für alle. Dabei ist folgendes zu beachten: Die Gewährleistung von Unterhaltung, Information, Lehrprogrammen. Das ist die Grundversorgung mit Kommunikation. Das verhält sich heute ähnlich wie bei der Versorgung mit Wasser, Strom und Gas. Das sind ganz elementare Bedürfnisse. Und das ist unsere gesellschaftliche Aufgabe, von der allein unser Mandat zu bestimmen ist.