Das GANZE Werk - Presseschau

taz Hamburg, 13. Oktober 2004 (TAZ-Bericht)

Klassikfreunde sind sauer

Die Initiative „Das GANZE Werk“ will den NDR mit Postkarten überfluten. Sie fordert Musik am Stück

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Liebhaber klassischer Musik stellt man sich gerne als ruhige, besonnene Menschen vor. Doch wenn man am Telefon mit Theodor Clostermann redet, ist die Erbitterung nicht zu überhören. „Das Fass zum Überlaufen“, sagt Clostermann, „hat die Matinee gebracht“, und dann nennt er viele Zahlen, die alles eines beweisen sollen: Mit dem NDR-Klassikradio geht es bergab.

Das sagt Clostermann so nicht wörtlich, er hält sich lieber an die Fakten wie die Anzahl der Stücke, die beim NDR in einer Sendung gespielt werden. Clostermann hat nachgezählt, nennt Programmtitel, Jahreszahlen, Durchschnittswerte. Schwer, das alles nachzuprüfen, doch offenbar werden immer weniger ganze Stücke abgespielt, es gibt Werbeunterbrechungen und Erkennungsmelodien, und auch mit der Auswahl ist Clostermann unzufrieden.

„Wir möchten, dass die Gruppe der Musikliebhaber von NDR Kultur berücksichtigt wird und dass in der Zeit von 6 bis 19 Uhr mindestens vier Stunden lang ganze Werke gesendet werden, ohne NDR-Eigenwerbung und ohne Jingle“, formuliert Clostermann seine zentrale Forderung. Um dieses Ziel zu erreichen, hat der Lehrer und ehrenamtliche Präsident der Hamburger Telemann-Gesellschaft die Initiative „Das GANZE Werk“ gegründet. Die zählt inzwischen immerhin 625 Mitglieder und 1.425 Unterstützer, darunter ganze Chöre und Orchester sowie viele Musikprofessoren und Kirchenmusikdirektoren.

Letzte Woche wurde bereits eine Protest-Postkarte vorgestellt, die unter www.dasganzewerk.de bestellt und dem NDR zugeschickt werden kann. Clostermann hofft, den Sender so zum Einlenken zu bewegen.

PS: Um Missverständnisse auszuschließen, muss es am Ende des 2. Absatzes richtig heißen:
„Unterbrechungen durch NDR-Eigenwerbung“

Dazu:
klassikfreunde - ndr nimmt stellung: „Die Vorstellung ist Fiktion"
taz vom 15. Oktober 2004