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Die Fußball-Weltmeisterschaft ist gegenwärtig zwar  d a s  große Ereignis. Doch für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, so WDR-Intendant Fritz Pleitgen, sei „die Befassung mit Kultur“ auf Dauer wesentlich wichtiger. „Öffentlich-rechtlicher Rundfunk und Kultur haben Zukunft“, prognostiziert Pleitgen gar nicht zeitgeistig, die Qualität werde „eine größere Rolle spielen als bisher“. Allerdings werde der Nutzer in Zukunft aktiver sein als heute.

Frankfurter Rundschau, 1. Juli 2006

Radiokultur auch von der Straße

Der WDR feiert ein Kulturpartnerfest und will im Herbst das erste Kulturprogramm für junge Leute starten

Von Hans-Jürgen Krug

Die Fußball-Weltmeisterschaft ist gegenwärtig zwar  d a s  große Ereignis. Doch für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, so WDR-Intendant Fritz Pleitgen, sei „die Befassung mit Kultur“ auf Dauer wesentlich wichtiger. „Öffentlich-rechtlicher Rundfunk und Kultur haben Zukunft“, prognostiziert Pleitgen gar nicht zeitgeistig, die Qualität werde „eine größere Rolle spielen als bisher“. Allerdings werde der Nutzer in Zukunft aktiver sein als heute.

Für diese Zukunft rüstet sich der WDR seit einiger Zeit intensiv. Schließlich, so formuliert Pleitgen, sei der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch der „entscheidende Träger der Kultur der Länder“. Die letzte Reform des Kulturprogramms WDR 3 trägt inzwischen Früchte. Das breitere Musikangebot (von Klassik bis Weltmusik) wurde offenbar angenommen.

Die Hörerzahlen sind zuletzt kontinuierlich auf bis zu 400.000 Hörer täglich gestiegen, und gerade jüngere Nutzer werden (auch durch eine unorthodoxe Kooperation mit der Jugendwelle Eins Live) stärker erreicht. Schließlich konnte mit dem Modell der „Kulturpartnerschaften“ das Renommee gerade in der Kulturszene enorm erweitert werden. WDR-Hörfunkdirektorin Monika Piel nennt diese - nur von WDR 3 eingegangenen - Partnerschaften „europaweit einmalig“, Pleitgen spricht von einer „Erfolgsgeschichte“.

Vor fünf Jahren begann das WDR 3-Projekt „Kulturpartnerschaften“ mit wenigen Partnern; heute beteiligen sich mehr als 90 nordrhein-westfälische Kulturinstitutionen daran - darunter das Schauspielhaus Bochum, die Stiftung Zollverein Essen, das Skulpturenmuseum Glaskasten Marl oder der Deutsche Kulturrat. Das von WDR 3-Wellenchef Karl Karst erfundene und initiierte Kooperationsprojekt ist eigentlich ganz einfach - und hat doch große Folgen: WDR 3 sendet Trailer von ausgewählten Produktionen der Partner kostenlos in seinem Programm - und präsentiert sich vor Ort in deren Veranstaltungen.

Für Ulrike Ries-Augustin, die Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit, steht fest: „Das Kulturradio ist erheblich präsenter als noch vor fünf Jahren.“ Und auch die (ausschließlich nicht-kommerziell orientierten) Kulturpartner etwa aus Detmold oder Essen sind hoch zufrieden. Ihre Kunstanstrengungen fern vom Zentrum (das heißt: Köln) würden endlich auch im Radio gewürdigt - und dafür akzeptiert man auch, dass zwischen den Trailern und der Bewertung im Radioprogramm Differenzen auftreten können.

Anfang September und passend zum fünfjährigen Bestehen soll nun erstmals das „WDR 3 Partnerschaftsfest“ gefeiert werden. Hinter dem etwas hermetischen Namen verbirgt sich nicht nur das laut Fritz Pleitgen „wahrscheinlich größte Kulturfest Europas“ mit 200 Stunden Programm von 20 Bühnen. Das vom „Landeskultursender WDR 3“ (Karst) angestoßene Groß-Experiment soll auch neue, moderne Programmformen fördern.

So soll am 2. September zwölf Stunden (12 bis 24 Uhr) live aus den sechs über ganz Nordrhein-Westfalen verteilten Fest-Städten berichtet werden. Geplant ist ein hoch kultureller und vielfältiger Radiotag über den - so Karst - „nach dem Modell einer Bundesliga-Schalte“ berichtet wird. Erstmals sendet damit ein Kulturprogramm parallel über sechs Leitungen. Neben dem Kulturradio WDR 3 sind schließlich auch das WDR-Fernsehen und das Internetangebot wdr.de in das trimediale Kulturpartnerfest eingebunden.

Doch das Kulturradio WDR 3 ist vor allem Radio - und das will sich nicht nur durch die so angesagten "Events" zukunftsfähig halten. Für Karst ist es ein großer Erfolg, dass die neu gestalteten Kultursendung Resonancen (17.05 bis 20 Uhr) inzwischen ein Publikum erreicht, das nicht jung, aber deutlich jünger als (hier liegen die meisten ARD-Kulturradios) 65 Jahre ist und dort über eine hohe Akzeptanz verfüge. Die Welle ist inzwischen als Live-Stream im Internet hörbar, es gibt Podcast-Angebote für die aktiven Hörer.

Und im Spätsommer oder Herbst (im Gespräch ist der 1. September) soll im Internet auch noch ein neues Kulturradio starten. Das „erste Kulturradio für die ganz junge Zielgruppe“, so Hörfunkdirektorin Piel, hat den Arbeitsnamen „WDR 1.3“ oder „WDR Eins Punkt Drei“ und soll zunächst mit einer 4-Stunden-Schleife im Internet beginnen. Die Moderatoren kommen aus dem Abendprogramm der WDR-Jugendwelle Eins Live, die Musik wird der Abendmusik der Jugendwelle ähneln, WDR 3 und WDR 5 produzieren die Wortbeiträge.