Das GANZE Werk - Dokumentation
11. MainzerMedienDisput 2006

Alle Dokumente dieses Panels
Überblick: Programm (S. 2) und Tagungsimpressionen (Bilder/S. 3) von Forum III, Panel 2 (Pdf-Datei)
Teil 1: Einführung in das Thema, Seite 26 bis 27
Teil 2: 9 Leitfragen an die Referenten, Seite 28
Teil 3: Berichterstattung für das Plenum, Miriam Schröder, Seite 29 bis 31
Teil 4: Referent Gerhart Rudolf Baum, Seite 32 bis 33
Teil 5: Referent Philip Banse, Seite 34
Teil 6: Referent Theodor Clostermann, Seite 35 bis 37

Forum III, Panel 2: Wellenbrecher und Querfunker /
Gebührenzahler gegen den Mainstream

Teil 6: Referent Theodor Clostermann, Seite 35 bis 37

Die Doppelrolle von „Service“ bei NDR Kultur: einerseits kulturelle Informationen für die Hörer, andererseits programm-bestimmende
PR-Aktivitäten für die Kultur- und Medienpartner des Senders

Teil 6 aus der Pdf-Dokumentation (3 Seiten)

Im Vordergrund, von links nach rechts: Diemut Roether (Moderation), Theodor Clostermann
(Sprecher Initiative „Das GANZE Werk“), Hans Joachim Suchan (Verwaltungsdirektor ZDF)
Quelle: Tagungsimpressionen (siehe Überblick)

Vorbemerkung:

Die Kräfte, die bewirken, dass der NDR bzw. die Programmverantwortlichen von NDR Kultur bisher nach außen so unnachgiebig die kulturelle Herunter-Nivellierung des Programms beibehalten, werden in den folgenden Fragen nicht benannt. Deshalb möchte ich hier nur thesenhaft andeuten, dass es meines Erachtens mit dem Wirken von NDR-Intendant Prof. Jobst Plog zusammenhängt, als dessen wichtigste programmliche Leistung der NDR auf seiner Homepage herausstellt: „Mit mehreren Reformen in Hörfunk und Fernsehen trieb Plog den Umbau des NDR von einer ‚Anstalt‘ zum serviceorientierten Unternehmen voran.“ Dieser Service findet in vielen kleinen, breit gestreuten und durchgängig von 6 bis 19 Uhr stattfindenden Hinweisen im Programm statt, die ein geschlossenes Musikprogramm unmöglich machen. Sie sind für die Hörer kulturelle Informationen (= „Service“), sie bestimmen aber auch gleichzeitig das Programm - entgegen dem Prinzip der Trennung von Werbung und Programm - immer mehr und sind mit Kulturund Medienpartnern abgestimmt (= „Service“), deren vertragliche Beziehungen zum NDR im Verborgenen bleiben.

Zu 1.:

Der jetzige NDR-Rundfunkrat konstituierte sich am 24. Mai 2002, er hat eine Amtszeit von fünf Jahren und besteht aus 58 Mitgliedern. Zur Vorbereitung von Rundfunkrats- und Verwaltungsratsitzungen treffen sich die Mitglieder zu Vorbesprechungen partei-orientiert in drei Arbeitsgruppen. Neben denen der CDU und der SPD gibt es noch die „Regenbogengruppe“, die der jetzt 2. Stellvertretende Vorsitzende, Dr. Karl-Heinz Kutz, nach eigenen Aussagen ins Leben gerufen hat. Für den neuen Rundfunkrat im Frühjahr 2007 wird es eine grundlegend neue Zusammensetzung geben, a. wegen der neuen Fraktionsverhältnisse in den vier Landesparlamenten, b. wegen der im letzten Staatsvertrag festgelegten Vereinbarung „Die Länder sind sich darin einig, rechtzeitig vor Ablauf der Amtszeit des jetzigen Rundfunkrats eine Verkleinerung auf möglichst 45 bis 48 Mitglieder vorzunehmen und die Zusammensetzung gemäß § 17 zu prüfen.“, wobei in der Presse mehrfach darüber berichtet wurde, wo der Initiator, Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff, die Verkleinerung vornehmen möchte: Es wird befürchtet, dass dann die politischen Vertreter noch mehr Gewicht im Rundfunkrat haben werden. Dieser neue Rundfunkrat wird nach dem jetzigen Stand der Dinge den Nachfolger von NDR-Intendant Prof. Jobst Plog wählen.

Zu 3.:

Über Staatsverträge und Gremienzusammensetzungen und -kompetenzen nehmen die Parteien und auch die Landesregierungen einen erheblichen Einfluss auf den NDR. Formal ist der NDR bzw. der Intendant in diesem Rahmen aber unabhängig, auf die Verteidigung dieser Position verweist Prof. Plog ja immer wieder. Das Problem besteht aber auch zur anderen Seite. Im NDR herrscht eine Intendanten-Verfassung, der Intendant kann mit der Rückendeckung der Gremien sehr frei schalten und walten.

Zu 4.:

Anfang dieses Jahres - nach dem Erscheinen und der großen Resonanz des Buchs von Jürgen Bertram „Mattscheibe - Das Ende der Fernsehkultur“ und wegen der großen öffentlichen Zustimmung zur Kritik des GANZEN Werks - hat NDR-Intendant Prof. Plog eine interne Qualitätsdiskussion initiiert, von der die Öffentlichkeit aber kaum etwas erfährt (siehe Homepage der NDR-Betriebsgruppe von verdi). In einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (12. Juli 2006) nimmt er mit folgenden Worten darauf Bezug: „Ich selbst arbeite ja nicht journalistisch, aber ich versuche, Trends mitzusetzen. Im Augenblick führen wir im Haus eine Profilierungsdebatte. Verkürzt - und deswegen leider nicht ganz richtig - könnte man sagen: Qualität statt Quote.“ Es geht dabei vorrangig um das regionale Fernsehprogramm. Es bleibt abzuwarten, was da herauskommt.

Zu 5.:

Die Debatte des RBB-Rundfunkrats war nur oberflächlich betrachtet selbstkritisch, weil die Ursache der Mängel, die Programmphilosophie „Tagesbegleitprogramm“ ausdrücklich von der Kritik ausgenommen worden war. Vielmehr ging es um die zahlreichen und massiven handwerklichen Fehler. Der jetzige NDR-Rundfunkrat ist zu einer kritischen Programmstellungnahme in Sachen NDR Kultur überhaupt nicht willens. Das zeigte sich schon beim einhelligen positiven Beschluss zum jetzt gültigen Konzept von NDR Kultur im Januar 2005. Das zeigte sich auch im Juni 2006, als der NDR trotz ursprünglicher Zusage an Das GANZE Werk dann doch nicht zur Podiumsdiskussion und zur Diskussion der DGW-Programmvorschläge am 8. Juni 2006 erscheinen wollte. Über den Programmausschuss und den Rundfunkrat hat uns Michael Plöger, der NDR-Verhandlungsführer (Hörfunkdirektion) am 2. Juni 2006 mitgeteilt:

Es besteht nach Ansicht der Programmverantwortlichen und der zuständigen Gremien des NDR keinerlei Bedarf an einer „Überprüfung der Praxis und Überlegungen zu möglichen Alternativen“ unseres Kulturprogramms. Deshalb wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie die Reaktion der Gremien des Norddeutschen Rundfunks, Programmausschuss und Rundfunkrat, auf Ihre Initiative endlich zur Kenntnis nehmen wollten.

„Der Programmausschuss weist die von der Initiative ‚Das ganze Werk‘ erhobene Forderung nach Abspielen ganzer musikalischer Werke als ‚Weg in die Sackgasse‘ zurück. Ein öffentlich-rechtlicher Radiosender ist kein Konzertsaal und keine bloße Abspielstation für CDs. Es geht nicht darum, die Wünsche einzelner Hörer/Innen zu erfüllen, sondern ein Programm für alle Kulturinteressierten im Norden zu gestalten. Der Programmausschuss begrüßt und unterstützt die vom NDR und der Redaktion eingeschlagene Richtung zur Reform von NDR Kultur ausdrücklich, die durch eine ausgewogene Mischung von Information, Unterhaltung und Musik gekennzeichnet ist.“

Diese Position, formuliert am 7. Dezember 2004, hat der Programmausschuss am 30. Mai d.J. noch einmal ausdrücklich bestätigt. Der Vorsitzende des Programmausschusses, Herr Birch, hat mit Zustimmung des gesamten Gremiums erklärt, er betrachte die Diskussion über die Reform von NDR Kultur als endgültig abgeschlossen.

Diese sture Ablehnung einer Diskussion mit uns über das Programm von NDR Kultur wurde einen Monat später faktisch vollends ins Lächerliche gezogen, als NDRIntendant Prof. Plog in einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt (5. Juli 2006) eine ganz neue Linie für die Kulturwellen-Diskussion öffentlich bekanntgab: „Man könnte nur als eine mögliche Entwicklungsideee gemeinschaftlich ein traditionelles Klassikprogramm machen und die regional ausgeprägten Klassikwellen noch stärker auf jüngere Zuhörer ausrichten.“

Zu 6.:

Das sollten sie, und zwar unbedingt und im Rahmen ihrer legalen und glaubwürdigen Möglichkeiten. Die formalen Möglichkeiten beschränken sich aber eigentlich nur auf Beschwerden, alles andere ist zurzeit abgeschottet. Wenn Mitglieder des Rundfunkrats sich zum Beispiel kritisch gegenüber dem NDR äußern, werden sie erst einmal zu einem Einzelgespräch beim Intendanten gebeten. Von den Sendern werden die Initiativen totgeschwiegen - was ihrer Pflicht zur Berichterstattung widerspricht.

Die Initiativen sind allein zu schwach und brauchen unbedingt die Unterstützung durch Prominente, Presse und Politiker.

Zu 7.:

Das wird wegen fehlender Zugriffsmöglichkeiten auf den Gebührenzahler-Datenbestand und wegen zu breit gestreuter Interessen der Gebührenzahler kaum möglich sein, auch müsste bedacht werden, dass die erste große Gruppe dann die Abschaffung der Gebühren fordert, weil sie sich ausreichend von den Privaten bedient fühlt.

Zu 8.:

Sehr, das wird uns aber nicht davon abhalten, im weiterhin bestehenden Kernbereich des Hörfunks mit überwiegend älteren Musik- und Kulturinteressierten für die Durchsetzung des Kultur-auftrags bei den Öffentlich-Rechtlichen einzutreten.

Zu 9.:

Die großen Mainstream-Verbände und die Parteien werden schon dafür sorgen, dass sie über die Medien einen Großteil der Bevölkerung erreichen können.

9. November 2006, 14.00 bis 15.30 Uhr

Seite 35 bis 37 aus: Dokumentation zum MainzerMedienDisput 2006 in Mainz
Medienkonzern Europa - Verkümmerte Öffentlichkeit • Steigende Kurse • Blühende Bürokratie
Redaktion: Dr. Thomas Leif (verantw.), 5. November 2007, 216 Seiten, 1,47 MB
bzw. Forum III, Panel 2: Wellenbrecher und Querfunker / Gebührenzahler gegen den Mainstream, 12 Seiten (26 bis 37)

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Überblick: Gesamt-Programm (S. 2) und Impressionen (Bilder/S. 3) von Forum III, Panel 2 (Pdf-Datei)
Teil 1: Einführung in das Thema, Seite 26 bis 27
Teil 2: 9 Leitfragen an die Referenten, Seite 28
Teil 3: Berichterstattung für das Plenum, Miriam Schröder, Seite 29 bis 31
Teil 4: Referent Gerhart Rudolf Baum, Seite 32 bis 33
Teil 5: Referent Philip Banse, Seite 34
Teil 6: Referent Theodor Clostermann, Seite 35 bis 37