Das GANZE Werk - Presseschau (Dokumentation)

Hamburger Abendblatt, 19. April 2007

Wie misst man die Qualität des Fernsehens?

Bericht vom Symposium des Berliner Initiativkreis öffentlich-rechtlicher Rundfunk (BIKÖR) zum Thema: „Erfolg durch Qualität“

Von Barbara Möller

Berlin. Als der öffentlich-rechtliche Rundfunk noch eine Insel der Seligen war, hat sich beim WDR Folgendes zugetragen. Kollege Meier sprach einen politischen Kommentar. Sein Hörfunkdirektor verstand kein Wort und sagte das anschließend auch zu Meier. Woraufhin der sich mit der Bemerkung rechtfertigte: „Mein Kommentar war ja auch nicht an Sie gerichtet, sondern an einen ganz bestimmten Beamten in einem ganz bestimmten Ministerium!“ So war das damals. In einer Zeit, in der die Erfolglosigkeit einer Sendung zuweilen als Qualitätsbeweis gedeutet wurde.

Diese Zeit ist vorbei, seit die kommerziellen Sender in der Arena sind und den öffentlich-rechtlichen in großem Stil Zuschauer weggenommen haben. Vor allem die jungen. Das Durchschnittsalter eines heutigen WDR-Zuschauers liegt bei 61 Jahren, ProSieben bringt es auf einen Altersschnitt von 37,5 Jahren. Das konnte man auf einem kleinen Symposium erfahren, das der Berliner Initiativkreis öffentlich-rechtlicher Rundfunk (BIKÖR) gestern gemeinsam mit dem Rundfunkbeauftragten der Evangelischen Kirche in Deutschland veranstaltet hat. Thema: „Erfolg durch Qualität.“

Wie aber misst man Qualität, wenn man nicht nur die Quote zum Maßstab nehmen will? Der WDR setzt auf kleine Diskussionsrunden mit seinen Zuschauern. Die, so Claudia Schmidt, die in Köln für Kommunikation, Forschung und Service zuständig ist, setze man an, wenn bei einer Sendung die Quote sinke oder wenn man etwas Neues, noch nicht Dagewesenes versuche. Schmidt nennt das: „Die Redakteure mit der nackten Realität, der Realität ihrer Zuschauer konfrontieren!“ (Bei entsprechenden Sondervorführungen müssen die Redakteure neuerdings hinter Spiegelwänden sitzen und sich die Reaktion des Publikums angucken . . . ) Schmidts Stab hat beipielsweise herausgefunden, warum der „Weltspiegel“ so „schwächelt“: Es hat sich herausgestellt, dass die Leute „nicht mit Schnipseln belatschert“ werden wollen. „Jedenfalls nicht die alten!“

Fazit: Als die Öffentlich-Rechtlichen noch das Fernseh- und Hörfunk-Monopol hatten, war ihnen der Zuschauer egal. Das haben Symposiumsteilnehmer wie RBB-Intendantin Dagmar Reim oder der KEK-Vorsitzende Dieter Dörr gestern erstaunlich freimütig eingestanden. Und sich dann selbst Mut zugesprochen. Nach der „Sinnkrise“ der Achtziger so die einhellige Überzeugung, hätten die Öffentlich-Rechtlichen jetzt wieder „zu sich selbst“ gefunden.