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Göttingen, eine Woche Ende September/Anfang Oktober 2006

Ein Busfahrgast: „Ich würde mein Cello doch nie im Wald entsorgen“

Verwaistes Violoncello im Wald - dank Ihrer Gebühren

Das Plakatieren hat allein schon 6.843,00 Euro gekostet

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Eine Woche lang ließ NDR Kultur (mindestens) in Göttingen neu plakatieren. Jede Plakatfläche an Bushaltestellen wurde - auch auf beiden Straßemseiten - bedacht.

Fachfremd: Kein Musiker legt sein Holzinstrument im Freien ab, jeder Streicher spielt bei einem Konzert im Freien auf einem Zweitinstrument

Das Plakat, ein an einen Baum gestelltes Violoncello, mag vielleicht ein „Hingucker“ sein. Es stimmt aber sofort negativ, weil es als Fotomontage eine Situation darstellt, die für jedes Holzintrument schädlich ist: wenn es bei Hitze, Kälte, Feuchtigkeit, Luftfeuchtigkeit usw. im Freien abgelegt wird, verstimmt es sich erheblich, das Holz arbeitet und verzieht sich usw. Spontan sagte ein Busfahrgast beim Anblick eines solchen Plakats, und kopfschüttelnd nickten ihm alle zu, die es auch sahen:

„Ich würde mein Cello doch nie im Wald entsorgen.“

Das Violoncello ist auf Springkraut gelegt (oder montiert) worden. Diese Pflanze (lateinisch: Impatiens) heißt wohl nicht ohne Grund umgangssprachlich „Rühr-mich-nicht-an“ (die Fruchtkapseln reißen bei Berührung explosionsartig auf, dabei werden die Samen in die Umgebung ausgeschleudert). Hätten die Fotografen (oder Grafik-Monteure) wenigstens dies als Warnung verstanden, wäre NDR Kultur vielleicht noch vor einer Torheit verschont worden.

NDR Kultur im Rausch der Fotomontagen seiner Werbepartner

Für die Grafik sind die Fotografen Howard Kingsnorth und Martin Ruegner, für die Produktion ist einmal wieder gettyimages, „der weltweit führende Anbieter von Bild- und Filmmaterial sowie von digitalen Services“, zuständig.

Für die Plakatierungsaktion selbst ist die Filiale Kassel der Firma „Ströer - Deutsche Städte Medien“ verantwortlich, die von sich schreibt: „Gemessen an den Bruttowerbeerlösen und der Anzahl der Werbeflächen (200.000 bundesweit) ist Ströer der führende Anbieter von Out-of-Home-Medien in Deutschland.“

In Göttingen gibt es insgesamt „ein Netz“ von 104 Flächen. Ein Plakat kostet pro Tag 9,40 Euro. Zum Vergleich: die Grund- bzw. Hörfunkgebühr beträgt im Monat pro Haushalt 5,52 Euro. Der ganze Wochenauftrag zum Aufhängen eines sinnlosen Plakats in Göttingen hat also 6.843,00 Euro Gebühren verschlungen.