Neue Sendereihe auf NDR Kultur:
Das ganze Meisterwerk als Fortsetzungsmusik

Dokumentation - Am Mittwoch: Satz 1 come introduzione,
am späten Sonnabend: Satz 2, das Andante, in funzione d'un Finale

Zyklus Nr. 3: Beethovens 1. Sinfonie (24. bis 27. September 2008)

Wie im Kulturbericht: „Darüber kann man weinen und lachen“ - Die Musik ertrinkt in Werbeaktivitäten - Kritik eines Hörers aus Mecklenburg-Vorpommern

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Mittwoch, 24. September 2008, Matinee, 11.07 Uhr: 1. Satz

[Schnell] „Das war der 3. Satz des Violinkonzertes D-Dur, RV 217, von Antonio Vivaldi. Giuliano Carmignola, spielte begleitet vom Venice Baroque Orchestra unter Leitung von Andrea Marcon. NDR Kultur.“ [Langsamer - 1 Minute und 15 Sekunden für den nächsten NDR-Veranstaltungshinweis mit zwei O-Tönen.] „Wenn Axel Hacke liest, wenn er sprachspielerisch den Alltag unter die Lupe nimmt, dann sind die großen Lebensfragen angerissen. Darüber kann man weinen und lachen.“ [Erster O-Ton:] „‚Schlangen mag ich nicht, Menschenschlangen meine ich. Du kommst wo hin, viele Leute wollen das Gleiche wie du, bilden ne Schlange, du stellst dich hinten an, am Schlangenarsch.‘“ [Es folgt ein zweites, längeres O-Ton-Beispiel, dann:] „Am 3. Oktober tritt Axel Hacke im Rahmen der Reihe ‚Der Norden liest‘, veranstaltet vom Kultur-Journal des NDR-Fernsehens in Kooperation mit NDR Kultur auf beim Bürgerfest zum Tag der Deutschen Einheit im Körber-Forum in Hamburg. Er bringt rasante Sprachabenteuer, sprachliche Irrtümer und semantische Verdrehungen. Das auf seinem ‚Wortstoffhof‘ gesammelte Material wird beim Publikum entsorgt, abends ab 20.30 Uhr am 3. Oktober. Und Sie können dabei sein, der Eintritt ist frei im Körber-Forum in Hamburg.“
[Kommentar: Keine Erklärung zur folgenden Musik, also auch nicht zum Start des dritten ganzen Meisterwerkes auf NDR Kultur.]

Beethoven, Ludwig van (1770-1827), Sinfonie Nr. 1 C-dur, op. 21,
daraus: Adagio molto - Allegro con brio (1. Satz)
Russisches Nationalorchester, Moskau, Ltg.: Pletnev, Mikhail

„Das Russische Nationalorchester Moskau spielte drigiert von Mikhail Pletnev den 1. Satz der Sinfonie Nr. 1 C-Dur von Ludwig van Beethoven. - NDR Kultur, wir hören den australischen Tenor Steve Davislim begleitet vom State Orchestra of Victoria unter der Leitung von Simone Young mit einem Lied von Richard Strauß, ‚Zueignung‘.“

Sonnabend, 27. September 2008, Klassisch in den Tag, 6.38 Uhr: 3. Satz

„Die Romanze für Horn und Orchester F-dur von Camille Saint-Saëns, gespielt von Radovan Vladkovic und dem Ensemble Orchestral de Paris. Acht nach halb sieben.“ [Vor der nächsten Musik läuft noch der ARD-ZDF-Internet-Trailer:] „Eine Idee kann ihre Kraft nur dann wirklich entfalten, wenn sie in die Öffentlichkeit gelangt. [O-Ton:] ‚I have a dream.‘ Demokratie kann nur entstehen, wo Informationen frei zugänglich sind. [O-Ton:] ‚Wir sind das Volk! Wir sind das Volk!‘ Ein Sommer wird erst dann zum Märchen, wenn alle dabei sein können. [O-Ton:] ‚... ist Deutschland im Halbfinale. Lehmann komm! Jaaaa!‘ Jeder hat ein Recht auf freien Zugang zu Informationen, auch im Internet. Deshalb können Sie uns online auch in Zukunft ohne Zugangsbeschränkung hören. und sehen. ARD und ZDF, Ihr gutes öffentliches Recht.“
[Es folgt ohne Pause die Musik.]

Beethoven, Ludwig van (1770-1827), Sinfonie Nr. 1 C-dur, op. 21,
daraus: Menuetto - Allegro molto e vivace (3. Satz)
NDR-Sinfonieorchester, Ltg.: Wand, Günter

„Das NDR Sinfonieorchester unter Günter Wand, Menuetto - Allegro molto e vivace aus der Sinfonie Nr. 1 C-Dur von Ludwig van Beethoven hier auf NDR Kultur um 6.43 Uhr gleich. - Die Vermessung der Welt von Daniel Kehlmann ist eine der großen Literaturerfolge der vergangenen Jahre, gibt es inzwischen längst als Hörbuch, auch als Hörspiel, und jetzt - ganz neu - auch als Theaterstück, uraufgeführt dort, wo auch schon Goethes Faust einst uraufgeführt wurde, nämlich am Staatstheater in Braunschweig. Wie diese Bühnenfassung gelungen ist, darüber berichten wir gleich.“
[Unmittelbar danach: Nächste Musik.]

Sonnabend, 27. September 2008, Klassik-Boulevard, 14.19 Uhr: 4. Satz

[Einführung in einer Dauer von 1 Minute zum CD-Produktionzyklus der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen mit den Sinfonien Beethovens und zur neuesten CD.] „... Wir hören aus der 1. Sinfonie von dieser neuen Aufnahme das Finale, die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen unter Paavo Järvi, das Finale. Adagio - Allegro molto e vivace.“

Beethoven, Ludwig van (1770-1827), Sinfonie Nr. 1 C-Dur, op. 21,
daraus: Finale. Adagio - Allegro molto e vivace (4. Satz)
Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, Ltg.: Järvi, Paavo

„Die Deutschen Kammerphilharmonie Bremen unter Paavo Järvi, das Finale. Adagio - Allegro molto e vivace aus der Sinfonie Nr. 1 C-Dur von Ludwig van Beethoven. - Nach einer langen Pause und auch nach einer gewissen Krise, stimmlich und persönlich, kommt Rolando Villazon wieder zurück auf die Berliner Opernbühne. Heute wird die Spielzeit eröffnet, und in der Staatsoper Unter den Linden steht eine Neuinszenierung von Tschaikowskys Eugen Onegin auf dem Programm, Villazon wird die Rolle des Lenski singen. (...)“ [noch 15 Sekunden/Vorankündigung zum Vorbericht um 14.30 Uhr]

Sonnabend, 27. September 2008, Klassik-Boulevard, 15.53 Uhr: 2. Satz

„Dominique Plancade und Laurence Fromentin spielten ‚Cortège‘ aus der ‚Petite Suite‘ von Claude Debussy.“
[Es folgt ohne Pause die Musik.]

Beethoven, Ludwig van (1770-1827), Sinfonie Nr. 1 C-dur op. 21,
daraus: Andante cantabile con moto (2. Satz)
Kammerorchester Basel, Ltg.: Antonini, Giovanni

„2. Satz aus Beethovens 1. Sinfonie mit dem Kammerorchester Basel unter Giovanni Antonini.“ [Jingle + „NDR Kultur - Nachrichten - 16 Uhr“]

Kurzkommentar

Kann die 1. Sinfonie von Ludwig van Beethoven gegen diesen ganzen Werbe-Zirkus:

1. Axel Hacke,
2. ARD-ZDF-Internet-Trailer,
3. Die Vermessung der Welt von Daniel Kehlmann in Braunschweig,
4. CD-Produktionzyklus der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen mit den Sinfonien Beethovens und eine neue CD,
5. Rolando Villazon nach einer Krise endlich in Berlin wieder auf der Bühne,

überhaupt zur Geltung kommen, wenn es dann auch noch in vier Teile auseinander genommen wird?

Das ist unwürdig (vgl. Äußerungen von Hörfunkdirektor Joachim Knuth am 1. September 2008 bei Klassik à la Carte). Welcher Hörer kann mit dieser Musik noch bereichert werden, wenn er ununterbrochen abgelenkt und genervt wird? Das Formatradio als Gefängnis.

Auf NDR Info wurde am 17. September 2008 in der Sendung Redezeit zu dieser Erfahrung - stellvertretend für viele eigegangenen Mails und Anrufe - eine Mail von einem Hörer aus Mecklenburg-Vorpommern verlesen, der sich beschwerte:

„Der Anteil der kompletten Werke ist tagsüber entschieden zu gering.“

Außerdem beklagte er

den „Tonfall, der unerwünscht ist, weil er zu sehr die Werbeabsicht und Methoden dahinter erkennen lässt.“

Recht hat er.

Recherche, Transskription und Redaktion: Theodor Clostermann, 27. September 2007