Moderation auf NDR Kultur

NDR Kultur am 20. April 2009 zur Mittagszeit

Moderation im Dämmerzustand

Von Ludolf Baucke

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Der Kritiker Ludwig Rellstab kennzeichnete Ludwig van Beethovens cis-Moll Klaviersonate op. 27 Nr. 2 - der Komponist hatte das Werk mit dem Zusatz „quasi una fantasia“ versehen - als „Mondscheinsonate“. Auch NDR Kultur hat sich davon inspirieren lassen, wie uns eine Autofahrerin aus dem Raum Hannover berichtete. Sie hörte am Montag, 20. April 2009, gegen 14.43 Uhr in „Klassisch unterwegs“ die Ansage:

Wohl keine Klaviersonate von Beethoven ist so von Legenden umrankt wie die Mondscheinsonate, und auch wenn derzeit die Sonne scheint, der Himmel blau ist, wird sie uns jetzt gleich in dämmernden Mondenschimmer versetzen.

Soweit kam es denn doch nicht - nicht nur, weil es helllichter Tag war, sondern weil statt markanter Klaviertriolen ein satter Orchestersound gerade noch an Beethovens Original erinnerte.

Die Aufklärung nach der knapp sechsminütigen Musikzuspielung blieb aus. Die Absage führte in die Irre:

Das war der erste Satz der Mondscheinsonate in einer Orchesterbearbeitung von Ludwig van Beethoven. Wolfgang Sawallisch dirigierte das Philadelphia Orchestra.

Kein Wort darüber, dass nicht Beethoven, sondern der Dirigent Leopold Stokowski den originären Klaviersatz für ein Orchester transkribiert hatte. Die Moderation schwelgte im Dämmerzustand der Kenntnislosigkeit. Das ist zwar nach mannigfaltiger Beobachtung nicht ungewöhnlich für das Tagesprogramm von NDR Kultur, liegt aber weit unterhalb des qualitativen Standards, den mündige Gebührenzahler von ihrem Kultursender einfordern.

Verfasst am 21. April 2009