Das GANZE Werk - Presseschau

Bild-Online, 4.12.2004

Ein Fall von Verschwendung öffentlich-rechtlicher Gebührengelder?

Ärger um Harald Schmidts Millionen-Vertrag

Politiker werfen ARD Verschleierungstaktik vor

Von Hans-Wilhelm Saure

Er ist noch nicht auf den Bildschirm zurückgekehrt, doch um seinen Millionenvertrag gibt es schon heftigen Ärger. Nach einem Jahr Pause feiert Harald Schmidt (47) am 23. Dezember in der ARD sein TV-Comeback. Mittwochs und donnerstags wird er nach den "Tagesthemen" 30 Minuten seine Gags machen. Rund acht Millionen Euro soll er mit seiner Produktionsfirma pro Jahr kassieren.

Seltsam: Von den Details des Millionenvertrags soll offenbar niemand erfahren. Wichtige Verträge müssen eigentlich dem Verwaltungsrat des Senders vorgelegt werden. Er muß bei wichtigen Entscheidungen zustimmen, kann Verträge sogar platzen lassen. Dieses Kontrollorgan soll so Gebührenverschwendungen verhindern. Doch beim detailliert formulierten Vorvertrag mit Harald Schmidt lief es anders.

Die Vereinbarung mit der Produktionsfirma Schmidt & Kogel GmbH wurde nicht etwa durch den WDR (federführende Anstalt), sondern durch die ARD-Tochter Degeto abgeschlossen.

Diese Firma, die eigentlich für den Ankauf von Vorabendserien zuständig ist, untersteht nicht der Kontrolle des Verwaltungsrates.

Nach Angaben von Degeto-Chef Hans-Wolfgang Jurgan soll der Verwaltungsrat die Verträge nicht zur Überprüfung und zur Abstimmung vorgelegt bekommen. Keine Transparenz bei so einem Millionen-Deal - ein Gebührenskandal!

Christa Thoben (63), ehemalige Berliner Wissenschaftssenatorin und Mitglied des WDR-Verwaltungsrates, will diese Trickserei nicht hinnehmen:

"Ich werde darauf bestehen, daß dem Verwaltungsrat des WDR bei der nächsten Sitzung der Harald-Schmidt-Vertrag vorgelegt wird. Nach den Bestimmungen des WDR muß der Verwaltungsrat Verträgen zustimmen, die ein bestimmtes Kostenvolumen überschreiten. Das ist bei Harald Schmidt der Fall. Diese Aufsichtsfunktion des Verwaltungsrates darf nicht ausgehebelt werden."

Auch Mitglieder des WDR-Rundfunkrates (hat Mitbestimmungsrecht bei grundsätzlichen Programmfragen; muß ebenfalls Verträgen einer bestimmten Größenordung zustimmen) sind sauer.

Ein Mitglied des Gremiums zu BamS: "Bei der letzten Sitzung gab es heftige Proteste, weil Intendant Fritz Pleitgen die genaue Summe des Vertragsvolumens nicht genannt hat."

Die Degeto-Trickserei hat noch einen Vorteil für die ARD: Den mit Gebührengeldern finanzierten Millionencoup darf auch der Rechnungshof nicht kontrollieren.

Degeto-Chef Jurgan: "Die Degeto ist keine öffentlich-rechtliche Einrichtung. Von daher ist auch kein Rechnungshof zuständig."

Jetzt hat sich Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (45, CDU) eingeschaltet. Er kritisiert die undurchsichtige Vorgehensweise der ARD, fordert gegenüber BamS: "Die Gremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten müssen auch bei Tochterfirmen informiert sein und in die Entscheidungen einbezogen werden. Den Gremien und Landesrechnungshöfen muß ein erweitertes Prüfungsrecht gewährt werden, um auch Tochtergesellschaften prüfen zu können."

Und Hans-Joachim Otto (52), medienpolitischer Sprecher der FDP, schimpft: "Die ARD betreibt beim Vertragsabschluß mit Harald Schmidt eine Verschleierungstaktik. Es kann nicht sein, daß große Projekte über Tochterfirmen abgewickelt werden, deren Geschäfte nicht ordentlich geprüft werden können."

Und was sagt man bei der ARD über das merkwürdige Geschäftsmodell? Warum bekommt der Verwaltungsrat den Schmidt-Vertrag nicht vorgelegt? WDR-Sprecher Rüdiger Oppers ausweichend: "Der WDR-Verwaltungsrat, in dem auch der Personalrat vertreten ist, wurde vom Intendanten über den Stand der Verhandlungen informiert. Dies wird auch beim Abschluß des Vertrages geschehen."