Das GANZE Werk - Presseschau (Dokumentation)

Berliner Morgenpost und DIE WELT, 11. August 2005

Berliner Morgenpost, 11. August 2005

„Steile Anmoderation“

Der Streit um ein Goebbels-Zitat sorgt für erhebliche Unruhe im RBB

In Zeiten von Schleichwerbungs-Skandalen und dubiosen Finanzierungspraktiken in der ARD kann Transparenz nicht schaden, mag sich ein Redakteur des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) gedacht haben und informierte die ARD-Intendanten jüngst über eine zweifelhafte Anmoderation im Kulturradio des Senders. Im Mai hatte dort der Musikchef der Welle, Christian Detig, die Frühkritik zu dem Stück „Goebbels“ in den Kammerspielen des Deutschen Theaters mit einer Goebbels-Aussage über die Aufgaben des Rundfunks schmücken wollen. Radio sei zur „Unterhaltung und Entspannung“ da, wer Kant oder Hegel wolle, der könne die beiden ja lesen, nahm Detig Bezug auf den Propagandaminister. Geäußert hatte Goebbels diese Einschätzung 1936 zur Eröffnung der Rundfunkausstellung. Man könne sich ihr heute noch anschließen, fügte Detig hinzu, wenn, ja wenn sie nicht von Goebbels stamme. Deshalb unterlasse er das lieber.

Goebbels als mögliche Bezugsgröße für die Aufgabe des Radios, eine offenbar als zu schwach empfundene Distanzierung des Musikchefs davon - dies versetzte viele Redakteure der Welle, die seit ihrer Programmreform 2003 angestrengt um neue Hörer kämpfen muß, in Aufruhr. Es folgten, sagte RBB-Sprecher Ulrich Anschütz, heftige interne Diskussionen über Detigs Moderation und die Legitimität eines solchen Bezugs. Anschütz: „Das Zitat war nicht sehr glücklich. Es war andererseits aber keine Verharmlosung oder Verherrlichung von Goebbels“. Radio-Insider könnten Detigs Goebbels-Formulierung eher als „steile Anmoderation“ verstehen. Auch Wellen-Chef Wilhelm Matejka soll sich sehr kritisch über die Moderation Detigs an diesem Tage geäußert haben.

Das reichte jenem Kulturredakteur offenbar nicht - er informierte die ARD-Oberen über die Äußerung in einem Brief - allerdings in fremdem Namen. Ein Schuß, der nach hinten losging: Am Freitag kündigte der RBB dem Mitarbeiter, der seit 15 Jahren im Hause ist, fristlos. Für Musikchef Detig habe der Vorfall keine dienstliche Konsequenz, sagte Anschütz.   lim

DIE WELT, 11. August 2005

Denunziant muß gehen - Streit um Zitat von Goebbels im RBB

In Zeiten von Schleichwerbungs-Skandalen kann Transparenz nicht schaden, mag sich ein Redakteur des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) gedacht haben: Mit fingiertem Absender verschickte er an mehrere ARD-Intendanten die Abschrift einer Moderation aus dem Kulturradio, die im Sender für Aufsehen gesorgt hatte. Allerdings hat der Schuß ihn selbst getroffen: Jetzt bekam er die Kündigung - wegen Urkundenfälschung.

Der verschickte Text stammt vom Musikchef Christian Detig, der die Kritik zu dem Theaterstück „Goebbels“ mit einer Goebbels-Aussage schmücken wollte. Radio sei zur „Unterhaltung und Entspannung“ da, wer Kant oder Hegel wolle, der könne die beiden ja lesen, zitierte Detig. Man könne sich der Aussage heute noch anschließen, fügte Detig hinzu, wenn sie nicht von Goebbels wäre. Deshalb unterlasse er das lieber.

Der Text sorgte für heftige interne Diskussionen, wie RBB-Sprecher Ulrich Anschütz bestätigt. „Das Zitat war nicht sehr glücklich. Es war aber jedenfalls keine Verharmlosung oder Verherrlichung von Goebbels“, sagt er. Detigs Goebbels-Wort könnte von Insidern eher als „steile Anmoderation“ gesehen werden.     lim