Das GANZE Werk - Presseschau

Zitate:
Der Rundfunkauftrag im Staatsvertrag sei nach Ansicht der Kommission zu vage, und die Genehmigung der Programme von ARD und ZDF durch deren Aufsichtsgremien sei kein Ausgleich, weil diese kein Organ des Staates sind.
Die Staatskanzleien der Länder prüfen aber als zuständige Rechtsaufsicht, ob die von den Rundfunkräten der ARD sowie dem ZDF-Fernsehrat erteilten Aufgaben im Einklang mit dem Recht stehen - und erteilen diesen so den benötigten staatlichen Segen.
Die EU-Kommission erwartet, dass der Rundfunkstaatsvertrag im Jahr 2008 geändert wird.

Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ)/Das GANZE Werk, 20. Dezember 2006

Neuer Rundfunkstaatsvertrag im Jahr 2008

„Bloß eine Etappe“

Die Staatskanzleien der Länder prüfen als zuständige Rechtsaufsicht, ob die von den Rundfunkräten erteilten Aufgaben im Einklang mit dem Recht stehen

Von Hendrik Kafsack und Werner Mussler, Brüssel
Für die Homepage Das GANZE Werk aufbereitet von Theodor Clostermann

Zu Beginn ihres Artikels stellen sich die beiden Autoren aus Brüssel, Hendrik Kafsack und Werner Mussler, die naheliegenden Fragen, wer sich nun im Konflikt um die Gebührenfinanzierung von ARD und ZDF durchgesetzt habe, die Europäische Kommission oder die Bundesländer. Ihre Antwort: Es komme ganz darauf an, wem man zuhöre, weil beide Seiten von ihrem Erfolg „auf ganzer Linie“ überzeugt seien, womit sie sich, so die Autoren, „zwangsläufig“ widersprächen. So stellen die Autoren fest, dass die sogenannte „Einigung“ der Unterhändler „bestenfalls ein Burgfrieden“ sei, der die deutsche EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 überdauern werde, und dass sie den seit 2003 schwelenden Grundsatzstreit „kaum beenden“ werde.

Die Einigung im Juli 2006

In den bisherigen Verhandlungen hätten die Bundesländer gegenüber der EU-Kommission sehr viel erreicht. Im Detail berichten dazu die Autoren:

„Kroes hat sich sehr weit bewegt“, heißt es in der Kommission. Die Bundesländer haben zwei Jahre Zeit, um Transparenz bei der Verwendung der Gebühren zu schaffen. Konkret heißt das: Die Länder müssen den Programmauftrag genauer fassen sowie die gebührenfinanzierten und die kommerziellen Projekte der Sender klar trennen. Letztere sollen Subunternehmen übernehmen. Um zu vermeiden, daß ARD und ZDF mehr aus den Gebührentöpfen erhalten, als sie für ihren Auftrag benötigen, soll die Rolle der Finanzaufsicht gestärkt werden. (...)

Verzichtet hat die Kommission darauf, das Engagement der Öffentlich-Rechtlichen im Internet oder bei Informationsangeboten für Mobiltelefone stark einzuschränken. Zwar müssen künftig "Dritte" angehört werden, bevor die Anstalten ihr Angebot ausweiten. Damit spielt die Frage, inwieweit durch ein solches Angebot der Markt gestört würde, erstmals eine Rolle. Selbst wenn private Anbieter etwa von einem neuen Angebot des ZDF direkt betroffen sind und deshalb weniger Geld mit Werbung verdienen, kann der Fernsehrat als zuständiges Gremium das Projekt genehmigen. Auch im Streit um die nichtgenutzten Exklusivrechte der Sender für Sportveranstaltungen lenkt die Behörde ein. Auch hier müssen die Länder nur noch für Transparenz sorgen. Einen Zwang zum Weiterverkauf gibt es nicht.

Das sei jedoch alles schon nach der Grundsatzeinigung zwischen den Ländern und der EU-Kommission im Juli klar und kein weiterer Streit nötig gewesen.

Neu im Dezember 2006:
Europäischer Gerichtshof und Staatskanzleien der Bundesländer

Ausführlich gehen die beiden Autoren auf den zuletzt heftig öffentlich geführten Streit ein, von dem hier jetzt nicht die Rede sein soll. Sie nennen dann den folgenden für Außenstehende neuen Verhandlungspunkt:

Tatsächlich hatte die Kommission nur verlangt, daß die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen auf ARD und ZDF angewandt wird. Der Staat muß demnach einen klaren Auftrag für eine Aufgabe erteilen.

Der Rundfunkauftrag im Staatsvertrag sei nach Ansicht der Kommission dafür zu vage, und die Genehmigung der Programme von ARD und ZDF durch deren Aufsichtsgremien sei kein Ausgleich, weil diese kein Organ des Staates sind. Es könne also „keine Rede (...) von einer Nachforderung“ sein, da dies die EU-Kommission von Anfang an gefordert habe. Andererseits haben die Bundesländer stets auf die verfassungsrechtliche Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verwiesen und darauf, dass die EU nicht zuständig sei.

Jetzt habe man sich „auf einen Kompromiß geeinigt“:

Zwar ändert sich an dem Verfahren der Aufgabenzuteilung an ARD und ZDF grundsätzlich nichts. Es gibt also keine direkte staatliche Genehmigung. Die Staatskanzleien der Länder prüfen aber als zuständige Rechtsaufsicht, ob die von den Rundfunkräten der ARD sowie dem ZDF-Fernsehrat erteilten Aufgaben im Einklang mit dem Recht stehen - und erteilen diesen so den benötigten staatlichen Segen.

Und zur rechtlichen Bedeutung dieses Kompromisses heben die Autoren Kafsack und Mussler hervor:

Damit hätten die Länder erstmals zugegeben, so heißt es in der Kommission, daß die EU für die Vergabe der Rundfunkgebühren zuständig sei. Und sie hätten sich bereit erklärt, deutsches Recht an die EU-Regeln anzupassen.

Möglich sei dies sicherlich auch durch den Druck aus dem Kanzleramt geworden, dort habe man kein Interesse daran, während des EU-Ratsvorsitzes den Streit fortzusetzen.

Die EU-Kommission erwartet, dass der Rundfunkstaatsvertrag im Jahr 2008 geändert wird.

Wir, die Redaktion Das GANZE Werk, knüpfen daran die Hoffnung, dass - unter dem Druck der EU-Kommission - Bildungs- und Kulturauftrag noch verbindlicher geregelt und kommerzielle Einfallstore in das inhaltliche Programm abgeschottet werden.

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