Das GANZE Werk - Presseschau

Hamburger Abendblatt, 25. Januar 2007

NDR - Vorläufiger Rückschlag für Ministerpräsident Wulff

Atempause im Rundfunkrat

Das Gremium des NDR wird doch nicht verkleinert - und entscheidet nun in alter Struktur über die Nachfolge von Jobst Plog

Von Ludger Fertmann

Hannover - Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hat den Versuch aufgegeben, den Rundfunkrat des Norddeutschen Rundfunks (NDR) noch vor der neuen Wahlperiode zu verkleinern und zugleich die Zusammensetzung des Gremiums zu verändern.

Regierungssprecher Olaf Glaeseker sagte dem Hamburger Abendblatt gestern auf Nachfrage, die von Wulff vor zwei Jahren angekündigte Änderung des Staatsvertrages werde von allen Beteiligten weiter betrieben, „jedoch erst für die nächste Wahlperiode“.

Die Verschiebung von Wulffs Plänen ist politisch wichtig, weil nun der neue Rundfunkrat in alter Struktur und Größe über die Nachfolge von Intendant Jobst Plog entscheidet, der Anfang 2009 ausscheidet. Außerdem steht bereits die Nachfolgeregelung für den stellvertretenden Intendanten Lampe an, der nicht erneut antritt.

Bei der vorangegangenen Novellierung des NDR-Staatsvertrages im Frühjahr 2005 hatte Wulff durchgesetzt, dass künftig alle vier Landesregierungen im Verwaltungsrat des Senders mit je einem allerdings nicht stimmberechtigten Mitglied vertreten sind. In einer Protokollnotiz war auf Drängen Niedersachsens zudem die umgehende Verkleinerung des Rundfunkrates von 58 auf höchstens 48 Mitglieder bereits für den jetzt anstehenden neuen Rundfunkrat vereinbart worden.

In der Folgezeit erarbeitete die Staatskanzlei in Hannover dann, wie das Abendblatt im Sommer 2006 berichtete, einen Entwurf für die neue Zusammensetzung, der den Einfluss eher linker Gruppen wie Arbeitnehmerorganisationen deutlich verringert hätte. Mit Hamburg und Schleswig-Holstein wurde die Neuregelung bereits abgestimmt.

Der Rundfunkrat ist so etwas wie das Parlament der Vier-Länder-Anstalt NDR, überwacht die Einhaltung der Programmgrundsätze und nimmt auch durch die Wahl des Führungspersonals maßgeblichen Einfluss auf die Anstalt. Zudem wählt der Rundfunkrat den Verwaltungsrat, der das Vorschlagsrecht für die Wahl der Führungsspitze hat. Personalpolitik gilt seit der Einführung des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks vor fast 60 Jahren als wichtigster Hebel der Politik, um auf das Programm der Sender Einfluss zu nehmen.

Nach der Veröffentlichung des niedersächsischen Entwurfs für die neue Zusammensetzung des Gremiums durch das Abendblatt kam dann aber die Abstimmung mit den anderen Bundesländern Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern ins Stocken, letztlich stellte sich vor allem die neue SPD-CDU-Landesregierung in Schwerin quer. Für fünf Jahre ist das Projekt jetzt vom Tisch, so lange dauert die Wahlperiode für den neuen Rundfunkrat, der am 23. Mai erstmals zusammentreten wird.

Aufatmen bei vielen Mitgliedern des alten Rundfunkrats gibt es noch aus einem anderen Grund: Die bereits 2005 in den Staatsvertrag geschriebene Neuregelung, derzufolge nur zwei Wahlperioden im Rundfunkrat möglich sind, gilt nicht rückwirkend. Damit können eben auch langjährig profilierte Mitglieder des Gremiums noch einmal antreten.