Das GANZE Werk - Presseschau

DIE WELT, 4. März 2005

Kommentar

Gebühren

Eine Diskussion könnte dazu führen, daß es bei den
Öffentlichen zu einer Rückbesinnung auf Qualität kommt,
statt auf die Quote zu schielen

von Andreas Middel

Ohnmächtig dürfen die Deutschen seit Jahrzehnten beobachten, wie sich Politik und die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten über die Festsetzung der Rundfunkgebühren streiten. Was auch immer in diesen Runden verhandelt wurde - am Ende stand fast immer eine Erhöhung der Gebühren, die mit blumigen Worten begründet wurde. Mit dem Einspruch der EU-Kommission gegen die bisherige Finanzierung von ARD und ZDF dürfte sich an diesem Automatismus einiges ändern. Denn die Brüsseler Wettbewerbshüter erklären die jetzige Form der Rundfunkgebühren schlichtweg für nicht kompatibel mit europäischem Wettbewerbsrecht. Sie wittern dahinter versteckte Beihilfen, die die private Konkurrenz benachteiligen.

Vordergründig geht es bei der Brüsseler Entscheidung um die Online-Tätigkeiten der Fernseh- und Rundfunkanstalten. Doch dahinter steckt weit mehr. Denn die Brüsseler Behörde will eine klare Trennung zwischen öffentlich-rechtlichem Auftrag und sonstigen wirtschaftlichen Interessen der Sendeanstalten und erwartet dazu auch getrennte Buchführung. Zugleich verlangt Brüssel eine klare Definition des Grundversorgungsauftrages. Zählen Gerichts- und Kochshows oder aufwendige Galas genauso dazu wie die tägliche Nachrichtensendung? Die Grundsatzfrage, was genau mit den Rundfunkgebühren finanziert wird, muß nun eindeutig geklärt werden. Eine Diskussion, wie sie jetzt in Großbritannien um die altehrwürdige BBC beginnt, dürfte schon bald auch Deutschland erreichen. Am Ende könnte sie dazu führen, daß es bei den Öffentlichen zu einer Rückbesinnung auf Qualität kommt, statt auf die Quote zu schielen. In jedem Fall führt der Einwand aus Brüssel zu mehr Transparenz bei den Finanzen. Und darauf hat jeder Fernsehzuschauer ein Recht, wenn er sich den Rundfunkgebühren schon nicht entziehen kann.

Brisant: Originaltext EU-Kommission (Pdf-Format, 105 kb)
Die "Schlussfolgerungen" der "Generaldirektion Wettbewerb"
Sie ist "zur vorläufigen Auffassung gelangt, dass es sich bei der Finanzierung durch Rundfunkgebühren um eine Staatliche Beihilfe handelt."
EU-Kommission, 3. März 2005

Öffentlich-rechtlich oder öffentlich bestechlich
Gedanken über das duale System unseres Rundfunks von Klaus Bernbacher
neue musikzeitung (nmz) 2004/12-2005/01

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