Das GANZE Werk - Hörer-Analyse/Media-Analyse, NDR Kultur

Das Ganze Werk, 10. März 2005

Media-Analyse Hörfunk 2005 I, 9. März 2005: NDR Kultur

Wer die Macht hat, hat die Zahlen?

Beim genaueren Hinsehen bröckelt die Fassade

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„Großer Erfolg für NDR Kultur: Das Klassik- und Kulturprogramm des NDR gewinnt nach der Reform weiter und erreicht jetzt 2,0 Prozent Hörer gestern im Sendegebiet (Montag bis Freitag). NDR Kultur legt damit seit zwei Jahren ununterbrochen an Reichweite zu. Das kommerzielle Angebot Klassikradio bleibt mit 1,0 Prozent im Norden klar hinter NDR Kultur, das täglich 274.000 Menschen einschalten – ein Plus von 32.000.“ (NDR-Presseerklärung)

Wie schön, wenn man mit zwei Zahlen hausieren geht und für Unkundige ungestört Äpfel mit Birnen vegleichen kann... (siehe: unsere Vergleichstabelle MA 2004/II | 2005/I für NDR Kultur)

Fachleute bezweifeln eh den Wert der MA-Zahlen für Kulturprogramme, weil sie sich nur auf telefonisch befragte Hörer stützen, die einen Sender nebenbei oder gezielt mindestens 15 Minuten lang täglich hören. Diese Zahlen werden dann hochgerechnet. Laut der Zeitung „DIE WELT“ wurden in Hamburg zum Beispiel 2.136 Personen befragt, als NDR-Kultur-Hörer gestern (Montag bis Freitag) hat man dann 2,6 % oder 56 interviewte Hörer angetroffen. So einfach ist das.

„Im Norden“ meint das NDR-Sendegebiet, in dem NDR Kultur 2,0 % oder, pardon, 227.000 Hörer und Klassik Radio 1,0 % oder 112.000 Hörer hat. Ein unfairer Vergleich, weil Klassik Radio nur in einem eingeschränkten Gebiet ausgestrahlt wird.

Für Hamburg heißen die Zahlen dann in einem realistischen Vergleich:
- NDR Kultur hat 2,6 % oder 33.000 Hörer,
- Klassik Radio hat 3,2 % oder 41.000 Hörer. Hoppla!
- Der Deutschlandfunk hat übrigens in Hamburg auch 3,2 % oder 41.000 Hörer, also auch mehr als NDR Kultur.
Bei der letzten Erhebung für Juli 2004, mit der Herr Romann so geprahlt hat, hatte der Deutschlandfunk in Hamburg so viel Hörer wie NDR Kultur jetzt: 2,6 % oder 33.000 Hörer.

Im Sendegebiet des NDR hat der Deutschlandfunk verständlicherweise am meisten zugelegt, es ist eine Frage der Qualität! Die Hörerzahlen stiegen
- für den Deutschlandfunk von 218.000 um 55.000 auf 273.000,
- für NDR Kultur von 203.000 um 24.000 auf 227.000 und
- für Klassik Radio von 112.000 um 3.000 auf 115.000.

Offiziell weigert sich der NDR hartnäckig, solche genauen Zahlen zu veröffentlichen, es seien „Geschäftsgeheimnisse“ des NDR - mit ihnen argumentieren und spielen kann er aber schon. Die Zahlen der DGW-Tabelle stammen aus dem NDR-internen Netzwerk (NDR-Intranet), die Öffentlichkeit hat ein lebhaftes Interesse an diesen Zahlen.

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